Preistreiber Nummer eins im Wohnungsmarkt und damit im Gesamt-Index sind Eigentumswohnungen, Reihenhäuser und Grundstücke für Einfamilienhäuser.

Immobilienpreise 2020: Geschüttelt, nicht gerührt!


Hintergrund
28.01.2021 Autor/en: Jan Finke

Plus 3,6 Prozent 2020 – auf den ersten Blick wirkt sich der konjunkturelle Einbruch kaum auf die Immobilienpreise in Deutschland aus. 16 Jahren schon währt der Anstieg, wie unser Immobilienindex zeigt. Doch während Kaufpreise für Eigentumswohnungen und allem voran Reihenhäuser in die Höhe schossen, vergrößerte sich das Minus im Einzelhandel. Klar ist: Das Wachstum schwächt sich ab.

Der Wirtschaftseinbruch im vergangenen Jahr führte nur teilweise zu sinkenden Preisen. Allerdings schwächt sich das Wachstum bereits seit 2018 ab, im vergangenen Jahr wie erwartet besonders deutlich. 2020 haben wir viele gegenläufige Entwicklungen beobachtet, der große generelle Preiseinbruch blieb jedoch aus. Die Ver­än­de­rungs­ra­ten des Immo­bi­li­en­in­de­x sind vergleichbar mit denen der Jahre 2011 bis 2013, blei­ben aber deut­lich vor den Leh­man-Jah­ren 2009/2010. Der bulwiengesa-Immobilienindex 2021 beschreibt zum 45. Mal in Folge die Immobilienpreisentwicklung in Deutschland.

Gewohnt und gekauft wird auch in der Krise

Die Preise im Wohnungsmarkt steigen erneut deutlich an. Preis­trei­ber Num­mer eins blei­ben die Kauf­ob­jekte, egal ob Kauf­preise für Rei­hen­häu­ser (+7,5 %), Grund­stücks­preise für Ein­fa­mi­li­en­häu­ser oder Neu­bau-Eigen­tums­woh­nun­gen (beide +5,8 %). Dagegen ist der Miet­an­stieg bei Woh­nun­gen im Neu­bau (+3,4 %) und Bestand (+2,3 %) im deut­schen Durch­schnitt ver­gleichs­weise mode­rat.

Nied­rige Hypo­the­ken­zin­sen bei Nach­fra­ge­über­hang sowie ange­spannte Miet­wo­hungs­märkte in den Bal­lungs­räu­men prä­gen seit Jah­ren den deut­schen Wohungs­markt. Anders als in Markt­zy­klen der 1980er- und  1990er-Jahre lie­gen die Fer­tigstel­lungs­zah­len sowohl für Wohnungen als auch für Büros kon­stant unter der Nach­frage. Ein bla­sen­ty­pi­sches Über­an­ge­bot baut sich nicht auf. Einige Marktreaktionen dürften daher nur kurzfristig Bestand haben. Das Zinsni­veau wird voraussichtlich eher stag­nieren, Preis­rück­gänge sind auf­grund der zu geringen Bau­tä­tig­keit kaum zu erwarten. Daher werden Preise und Mieten für Wohnungen und Büros auch in den nächs­ten Jah­ren leicht anzie­hen, wenn auch mit verminderter Kraft.

Büromarkt: „Geschüttelt, nicht gerührt!“

Lautete im vergangenen Jahr die Überschrift noch „Büro-Boom ohne Ende“, hat sich das Bild nun deutlich verändert. Seit 2010 stiegen die Büro­mie­ten an, Leer­stände ten­dier­ten in eini­gen Städ­ten gegen null, die Büro­flä­chen­ge­su­che konn­ten kaum bedient wer­den. Die Corona-Pan­de­mie bedeu­tete für den Büro­im­mo­bi­li­en­markt zunächst abrupt: Home­of­fice und Expan­si­ons­stopp. Folg­lich gaben die Büro­mie­ten in City­la­gen durch­schnitt­lich erst­mals seit 2009 um -0,8 % leicht nach. Haupt­fak­tor hier­für war die eingeschränkte Möglichkeit von Vor-Ort-Vermietungen und eine abwartende Haltung bei einigen Großnutzern – der Büro­flä­chen­um­satz sank im Vergleich zum Vorjahr um -28,3 %. Zeit­gleich ist der Büroflächenneuzugang um +22,7 % ges­tie­gen und weist den höchs­ten Wert seit 2003 auf. Beides trifft besonders die A- und B-Städte, in denen die Leerstände leicht steigen.

Wich­tig ist die lang­fris­tige Ein­ord­nung die­ser Zah­len: Die Flä­chen­um­sätze der A- und B-Märkte ent­spre­chen der­zeit in etwa immer noch dem 30-jäh­ri­gen Mit­tel­wert seit 1990, die Leer­stands­zah­len in A- und B-Städ­ten lie­gen bei ledig­lich 40 % des Kri­sen­jah­res 2010. Bis­lang hat sich der Büro­markt nur kräf­tig geschüt­telt, in den Grund­zü­gen ist er jedoch wei­tes­ge­hend robust.

Minus im Einzelhandel schon vor Corona

Die Lock­down-Pha­sen sor­gen für Umsatz­ein­brü­che im Ein­zel­han­del und in der Folge zu diver­sen Geschäfts­auf­ga­ben. Dabei hatte sich ein grund­le­gen­der Struk­tur­wan­del der Ein­zel­han­dels­land­schaft bereits ohne Corona-Effekt in den Vor­jah­ren ange­deu­tet. Folg­lich fie­len die Ein­zel­han­dels­mie­ten in 1a-Lagen bereits in den letz­ten bei­den Jah­ren leicht, 2020 dann deut­li­ch um -2,2 %. Wei­tere lang­fris­tige Miet­re­duk­ti­o­nen sind in Innenstadt­la­gen abseh­bar, da Waren­be­schaf­fungs- und Per­so­nal­kos­ten wenig Ein­spar­po­ten­zial bie­ten. Der Markt für Gewer­be­im­mo­bi­lien bleibt insgesamt indif­fe­rent.

Ausblick

In ­der Immobi­li­en­wirt­schaft kris­tal­li­sier­ten sich die Seg­mente Woh­nen und Log­is­tik als die sta­bil wach­sen­den Märkte heraus. Auch in den kom­men­den Jah­ren werden die Seg­mente Woh­nen, Büro und Log­is­tik für Anleger und Investoren risi­ko­är­me­r sein als etwa das Hotel­seg­ment oder der sta­ti­o­näre Ein­zel­han­del. Neben dem weit­ge­hend sta­bil ver­lau­fen­den Ein­zel­han­del mit Waren des täg­li­chen Bedarfs sind Mixed-Use-Immo­bi­lien der Schlüs­sel für einen gewerb­li­chen Immo­bi­li­en­markt mit neuen Wachs­tum­saus­sich­ten.

 

Hinweis: Weitere Infos zum bulwiengesa-Immobilienindex 2021 finden Sie hier. Für den Erwerb individueller Auswertungen und Zeitreihen etwa von einzelnen Standorten und Assetklassen sprechen Sie uns gerne an.

Ansprechpartner: 
Jan Finke
Projektleiter Immobilienindex
finke@bulwiengesa.de

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