Was baut Deutschland? Fragen und Antworten aus unserem Webinar
Einige Fragen aus dem Zuhörerkreis konnten im Webinar beantwortet werden, einige blieben in Teilen offen. Hier unsere Antworten – und fragen Sie gerne nach.
In welchem Intervall wird der Monitor upgedatet?
Die Daten im Development Monitor werden monatlich aktualisiert.
Gibt es besondere Unterschiede zwischen den Assetklassen? Herkunft der Developer oder Anzahl der Mitarbeiter pro Developer? Kurzum, bilden sich bestimmte Cluster?
Interessanter Betrachtungsansatz. Im Zentrum unserer Auswertungen ist diese Fragestellung aktuell noch nicht. Mit einem Zugang zum Development Monitor und den Developer Profiles (kostenfrei) ist aber nun auch genau das möglich: individuellen Fragestellungen selbst nachzugehen.
Wie kommt die Datengrundlage des Development Monitors zustande?
Viele Projektentwickler sind „Datentauscher“ (kann übrigens jeder werden, so geht’s) und geben uns Informationen zu ihren Projekten, daher haben wir da einen sehr validen Datenstand. Außerdem arbeitet bei bulwiengesa ein sehr großes Research-Team laufend daran und recherchiert selbst Projekte.
Der Durchschnittszins der letzten Dekaden liegt deutlich über dem aktuellen Zins. Ist die aktuelle Zurückhaltung von Projektentwicklern nicht auf ein „hohes Verwöhnniveau“ zurückzuführen, das für hohe Gewinne und Renditen sorgte? „Back to Normal“ schmerzt.
Antwort Francesco Fedele, BF.direkt: Wir wussten alle, dass die Zinsen ansteigen und ein Back to Normal kommen würde, aber wussten nicht wann. Die Schnelligkeit hat allen wehgetan. Wir werden uns an die Zinslandschaft gewöhnen müssen und in einen normalen Zyklus reinkommen, es wir Projekte bzw. Bestandshalter geben, die mit diesen Zinsen umgehen können. Aber das birgt ja auch Chancen: Die Institutionellen werden wieder Immobilien kaufen.
Antwort bulwiengesa: Von verwöhnten Projektentwicklern, zumindest bei den Kunden mit denen wir arbeiten, können wir da nicht sprechen. Auch vor der Zinswende nicht. Wir hatten bereits da einen sehr angespannten Markt, die Grundstückspreise sind explodiert. Um überhaupt was zu machen, musste man schon mit sehr niedrigen Margen rechnen – wenn wir vom Wohnungsbau oder auch Büro ausgingen, war das nicht so, dass man mit 10 oder 20 Prozent kalkuliert hat. „Verwöhnt“ waren Projektentwickler nicht, sie waren nur in einem komplett anderem Marktumfeld unterwegs, das sich quasi über Nacht geändert hat.
Gibt es eine Info, welche Projekte konkret von 01/2023 bis 06/2023 begonnen worden sind?
Ja. „In Bau“ ist die eine Kategorie und „In Planung“ die andere. Es gibt zu jedem der 23.392 Projekte konkrete Informationen, somit natürlich auch darüber, welche Projekte konkret in diesem Zeitraum in Bau gegangen sind. Sobald quasi die Bodenplatte gelegt ist, rutscht das Projekt also von „In Planung“ in den „In Bau“-Status. In diesem Jahr sind das 2.762 Projekte, die aktuell in Bau sind. Generell sind Projekte in Planung natürlich mit stärkerer Vorsicht zu genießen als diejenigen, die fertiggestellt oder im Bau sind. Aber wir sehen durch unser jahrzehntelanges Research, dass Projektverschiebungen immer üblich waren – aber in der aktuellen Phase sind es schon sehr, sehr viele.
Wo gehen die Renditen hin? Im Segment Wohnen waren die Zinsen historisch höher oder auf Niveau der Verzinsung, einen Leverage-Effekt gab es nicht. Stabilisiert sich die Rendite wieder bei 3,5 %? Sehen wir im Büro-Segment die 5 % wieder?
Antwort Klaus Keil, IG Real Estate Holding: Heute am 27.7.23 liegt der sichere Zins bei 2,5% (10-jährige Bundesanleihe). Wenn der Risikoaufschlag für Prime Immo bei 1,5 % bis 2 % liegt, dann liegen wir wohl insgesamt bei einer Rendite bei 4-4,5 % im Augenblick. Büro: Wenn die EZB heute die Zinsen wieder erhöht, liegen wir sicherlich auch mal bei 5 % für das 3. und 4. Quartal.
Antwort bulwiengesa: Wir werden sicher erst mal weiterhin eine Phase sehen, in der der generelle Bid-Ask-Spread groß ist und das Transaktionsgeschehen sehr schwach ausgeprägt. Allerdings ist zunehmend erkennbar, dass der Kapitaldruck auf der Verkäuferseite aufgrund der hohen Betriebs- und Refinanzierungskosten stetig steigt. Auf der anderen Seite sind sich viele Käufer in ihren Planungen mittlerweile sicher und nicht bereit, zum weiterhin vielerorts alten Preisniveau einzukaufen. Die Renditen haben sich in einigen Assetklassen, wie Einzelhandel, bereits recht deutlich bewegt, in der Logistik und im Wohnen hat das Repricing noch nicht stark stattgefunden. Ein Zurück zu den Renditen vor der letztjährigen Zinswende werden wir über einige Jahre nicht mehr sehen.
Hinweis: Weitere Antworten geben wird sicher unsere neue „5 %-Studie 2023 – wo investieren sich noch lohnt“, die in Kürze erscheint (Infos und Anmeldung zur Studienvorstellung).
Was sind „übrige Standorte“? Wäre es falsch, vom ländlichen Raum zu sprechen?
Da wir uns mittlerweile das Projektentwicklungsgeschehen in ganz Deutschland anschauen, aggregieren wir unter den „übrigen Standorten“ jenes Baugeschehen, welches außerhalb der ABCD-Städte stattfindet. Somit sprechen wir nicht nur über den ländlichen Raum, sondern auch über Klein- und Mittelstädte, die sich vor allem auch in den Ballungszentren großer Städte befinden und somit keine rurale Struktur aufweisen.
Wie hoch sind die Baukosten für Wohnen inzwischen?
Das unterscheidet sich natürlich regional stark und je nachdem, welcher Gebäudetyp, Energiestandard und Qualitätslevel gebaut werden. Und ob das Bauen im Bestand stattfindet oder komplett im Neubau. In vielen Fällen ist eine Spanne von 4.000 bis 4.500 Euro/qm Wfl. eine realistische Größenordnung.
Erwarten Sie für den in Deutschland dringend erforderlichen Wohnungsbau neue Förderprogramme auf Bundes-/Länderebene? Sofern ja, in welcher Form?
Antwort Hilmar von Lojewski, Deutscher Städtetag: Das sehen wir im Städtetag nicht. Die soziale Wohnraumförderung ist auf dem höchsten Niveau seit Dekaden. Kleine Bauträger weichen inzwischen in dieses Segment aus, auch wenn sie keine Erfahrung mit dem Produkt haben. „Normales Bauen“ wird absehbar nicht zusätzlich gefördert. Umbau und Transformation dagegen schon.
Antwort Maximilian Zöller, BlueHill Estate Group: Vielen Dank für Ihre Einschätzung! Sieht das die Runde genauso? Herr Söder hat für Bayern ja schon mal durchklingen lassen, dass es ab Herbst 2023 Unterstützung geben soll, um den Wohnungsbau zu stimulieren.
Antwort bulwiengesa: Die neue Förderung für energetisches Sanieren und Bauen knüpft staatliche Unterstützung an hohe energetische Standards und ein Qualitätssiegel für nachhaltige Gebäude. Der Bund fördert dabei den Neubau und Ersterwerb von klimafreundlichen Wohn- und Nichtwohngebäuden, die den besonders strengen Energiestandard EH 40 erfüllen. Das bedeutet: Gefördert werden nur Gebäude, die maximal 40 % der Energie vergleichbarer marktüblicher Gebäude benötigen. Das Qualitätssiegel für nachhaltige Gebäude betrachtet zudem die gesamte Energieeffizienz von Gebäuden, angefangen beim Energieverbrauch über die Umweltfreundlichkeit der Baustoffe und die Dichtigkeit von Fenstern bis zur Frage, ob sich die verwendeten Materialien recyceln lassen.
Wie sieht der Markt für Ferien-/Freizeitimmobilien aus? Konnten Sie dies auch schon durchdringen?
Im Development Monitor nicht vollumfänglich – das ist dann schon recht spezifisch nach Objekttyp und Standort.
Warum sollten institutionelle Investoren zukünftig wieder kaufen?
Antwort Frederik Raspé, Acquirepad: Sobald sich die Renditen stabilisieren, werden diese vermutlich auch konkurrenzfähig mit anderen Assetklassen sein. Das Investmentvolumen der Instis wird jedoch pro Haus geringer sein, einfach wegen der Diversifizierung. Immobilien waren in den letzten fünf Jahre fast konkurrenzlos bzw. die Immobilienquoten waren einfach generell sehr gering.
Antwort Nejat Aktan, Arag: Die Instis werden erst dann wieder Immobilien kaufen, wenn der Spread zu den Anleihen wieder auskömmlich ist.
Antwort bulwiengesa: Institutionelle Investoren werden dann wieder Immobilien kaufen, wenn die Verzinsung adäquat ist. Es wird dann aber selektiver gekauft werden – im Fokus des Investoreninteresses werden Gebäude stehen, die Nachhaltigkeitsstandards erfüllen und hohe Vermietungsquoten aufweisen. Älterer Bestand mit hohem Sanierungsstau dagegen wird sehr selektiv oder mit hohen Abschlägen zum Buchwert veräußerbar sein.
Wie haben sich die benötigten Vorvermietungsquoten für einen Baustart/ Finanzierungskonditionen im Bürosegment geändert?
Im gegenwärtigen Finanzierungsumfeld ist eine deutliche Tendenz zu beobachten, dass Projekte ohne nachweislich relevante Vorvermietung nicht umgesetzt werden. Insbesondere bei großvolumigen Vorhaben wird die Präsenz eines Ankermieters immer entscheidender, um das Mietumsatzpotenzial anzukurbeln. Die Initiierung von Baumaßnahmen ohne eine solide Vorvermietung ist mittlerweile äußerst selten. Dieser Paradigmenwechsel spiegelt die gestiegenen Anforderungen und Risikobewertungen seitens der Marktteilnehmer und Finanzinstitute wider, die verstärkt auf eine stabile Cashflow-Generierung bereits in der Bauphase Wert legen.
Ist denn anhand der Fragestellung in Umfragen erkennbar bzw. aus den Ergebnissen zu analysieren, dass Projektentwicklungen an Ernsthaftigkeit, Geschwindigkeit und Menge 2024 in der Umsetzung wieder zunehmen können?
Wir denken, dass sie an Ernsthaftigkeit zunehmen werden, weil man sie besser kalkulieren und durchdenken muss. Aber an Volumen und Geschwindigkeit werden sie nicht zunehmen. Wobei wir auch glauben (und hoffen), dass da nach Segmenten zu unterscheiden ist und dass es etwa Impulse gibt, die speziell das Thema Wohnen dynamisieren und das Volumen erhöht – aber da schwingt auch sehr viel Hoffnung mit.
Hinweis: Die Aufzeichnung des Webinars und Infos zur Bestellung des Berichtes zum deutschen Projektentwicklermarkt finden Sie hier.
Ansprechpartnerin: Sigrid Rautenberg, Leiterin Unternehmenskommunikation und Marketing bei bulwiengesa, rautenberg@bulwiengesa.de
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