Bewertungen von Projektentwicklungen in schwierigen Zeiten


Hintergrund
17.10.2023 Autor/en: Marcus Badmann

Das Geschäftsumfeld für Projektentwickler ist zur Zeit besonders herausfordernd. Dies zeigt sich auch bei der Wertermittlung von Projektentwicklungen, die auf Grundlage der aktuellen Marktbedingungen erfolgen und somit niedrigere Werte als vor der Krise ergeben.

In einer Wertermittlung von Projektentwicklungen kommt das Dilemma zum Vorschein: Projekte, die vor gar nicht langer Zeit noch wirtschaftlich äußerst lukrativ waren, kämpfen nun: Auf der einen Seite sind die Verkaufserlöse durch die Flaute im Investmentmarkt geringer geworden, auf der anderen Seite sind die Baukosten und auch die Finanzierungskosten in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Der Druck kommt also gleich von zwei Seiten.

In der Regel kommt bei der Wertermittlung von Projektentwicklungen das sogenannte Residualwertverfahren zur Anwendung: Ziel ist es, den wirtschaftlich tragfähigen Grundstückskaufpreis zu ermitteln, der ein geplantes Projekt (noch) wirtschaftlich realisierbar macht. Dabei wird die Projektkalkulation des Auftraggebers gedanklich nachvollzogen. Ausgangspunkt ist der voraussichtlich erzielbare Verkaufserlös der gedanklich fertiggestellten Projektentwicklung. Davon wird in umgekehrter chronologischer Reihenfolge sozusagen rückwärts gerechnet. Alle Kosten, die bis zur Fertigstellung anfallen, werden abgezogen, um den Wert des Grundstücks mitsamt der bis dahin erfolgten Aufwendungen für Planung und gegebenenfalls auch schon Bautätigkeiten zu ermitteln. Die geringeren voraussichtlich erzielbaren Verkaufserlöse einhergehend mit den hohen Bau- und Finanzierungskosten können bei zahlreichen Projekten eine solch ungünstige Konstellation ergeben, dass das Ergebnis ins Negative umschlagen kann. Rein rechnerisch müsste man für eine lukrative Realisierung also das Grundstück gratis plus einen Betrag x erhalten – aber natürlich gibt niemand ein Projektgrundstück kostenlos ab. Mit so einem Ergebnis ist klar, dass die Projektrealisierung unter den momentanen Gegebenheiten wirtschaftlich nicht mehr zu stemmen ist. Die Folge der Abwertungen sind sinkende Grundstückspreise, wie wir sie derzeit in vielen Städten beobachten.

Aber auch im momentan sehr schwierigen Umfeld bestehen immer noch Chancen, erfolgreich Projekte zu entwickeln. Qualitativ hochwertige Entwicklungen mit sehr guten Lagequalitäten werden auch künftig Käufer oder Mieter finden. Für Wertermittler ist es wichtig, im intensiven Austausch mit dem Auftraggeber kritisch die Konzeption des Projekts zu analysieren und mithilfe weiterer Fachberater zu optimieren – auf Basis einer umfassenden Datengrundlage und fundierter Prognosen, um dem Projekt doch noch zu wirtschaftlichem Erfolg verhelfen zu können.

Es bleibt zu hoffen, dass nach der jüngsten Erhöhung der Leitzinsen durch die EZB eine Beruhigung im Kapitalmarkt eintritt. Bleiben die Randbedingungen stabil, werden die Marktakteure eine verlässliche Kalkulationsgrundlage vorfinden und der Investmentmarkt wieder anspringen. Das könnte gemeinsam mit ansteigenden Mieten für viele Projekte, die derzeit auf der Kippe stehen, die Rettung bedeuten.

 

Ansprechpartner: Marcus Badmann, Geschäftsführer bulwiengesa appraisal, badmann@bulwiengesa-appraisal.de

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