Erbbaurecht im Wohnungsbau: Von der Nische zur Chance
Immer mehr Städte und Kirchen denken um: Statt eines klassischen Grundstücksverkaufs nutzen sie bei der Vergabe von Bauland nun mehr und mehr das Erbbaurecht. Warum sie das tun, für wen sich die Anwendung des Erbbaurechts lohnt und ob das Verfahren den dringend benötigten Bau von Wohnraum unterstützen kann, beleuchtet die neueste Kurzstudie von bulwiengesa im Auftrag der Berlin Hyp AG.
Wohnungsmarkt unter Druck: Alle Optionen müssen auf den Tisch
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In Deutschland fehlen nach wie vor hunderttausende Wohnungen. Trotz politischer Bemühungen wird sich die Wohnraumknappheit nicht von heute auf morgen lösen lassen. Erschwerend kommen hohe Bau- und Finanzierungskosten sowie die zunehmende Grundstücksknappheit hinzu – vor allem in den begehrten A-Städten.
"Es gilt daher weiterhin, alle Maßnahmen in den Blick zu nehmen, die das Angebot auf dem Mietwohnungsmarkt verbessern können", betont Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp. "Neben Nachverdichtung und Umnutzung gehört dazu auch das Erbbaurecht, das bislang weniger im Fokus stand, aber unter gewissen Bedingungen durchaus Potenziale birgt."
89.000 Erbbaurechtsgrundstücke – mit Potenzial für deutlich mehr
Die Kurzstudie "Erbbaurecht im Wohnungsbau: Von der Nische zur Chance" zeigt: Das Instrument wird bereits genutzt, aber noch längst nicht ausgeschöpft. Nach theoretischen Berechnungen von bulwiengesa bestehen in den sieben A-Städten aktuell bereits circa 89.000 Erbbaurechtsgrundstücke.
"Nach unseren Annahmen werden pro Jahr aktuell für nur etwa 0,5 Prozent des Grundstücksbestandes der Kommunen, Kirchen und Stiftungen in Deutschland Erbbaurechte bestellt", erklärt André Adami, Bereichsleiter Wohnen bei bulwiengesa und Verfasser der Kurzstudie. "Es gibt also großes Potenzial, diese Zahl zu steigern und das ist eine positive Nachricht, denn insbesondere in den zentralen Lagen mangelt es derzeit an verfügbaren und bezahlbaren Grundstücken."
Wie andere Länder vormachen, was möglich ist
International zeigt sich, dass das Erbbaurecht durchaus etabliert werden kann. In den Niederlanden beispielsweise stellt es eine übliche Form der Grundstücksaktivierung dar. Hierzulande wird dem Instrument trotz des vorhandenen Potenzials häufig noch mit Zurückhaltung begegnet.
Transparenz bei Vor- und Nachteilen
Die bulwiengesa-Kurzstudie stellt das Erbbaurecht dem Volleigentum gegenüber und gibt einen detaillierten und transparenten Überblick über Vor- und Nachteile aus Sicht der zentralen Akteure – Eigentümer, Projektentwickler, Banken und Endinvestoren.
Ein wichtiges Argument für das Erbbaurecht ist dabei die Chance, durch eine anfängliche Ersparnis bei den Grundstückskosten die Grundlage für günstigere Mieten im Wohnungsbau zu schaffen. Dies hängt jedoch zu einem großen Maße von den Konditionen bei der Vergabe von Erbbaurechten ab.
Verschiedene Ansätze in den A-Städten
Die Studie zeigt die entsprechenden Rahmenbedingungen in den sieben A-Städten auf. Insbesondere beim Erbbauzins gibt es sehr unterschiedliche Ansätze:
Hamburg nimmt mit einem einheitlichen, sozialverträglichen Erbbauzins von 1,3 Prozent eine Vorreiterrolle ein. Frankfurt setzt im Wohnen einen Zinssatz von 2,5 Prozent an, München verhandelt die Konditionen individuell. Berlin, Köln und Stuttgart arbeiten mit abgestuften Erbbauzinsen sowie unterschiedlichen Entschädigungsregelungen und Laufzeiten zwischen 40 und 100 Jahren.
Standardisierung als Schlüssel zum Erfolg
"Bei entsprechender Gestaltung kann das Erbbaurecht eine sinnvolle Ergänzung zum klassischen Grundstückserwerb darstellen", fasst Sascha Klaus zusammen. "Für einen vermehrten Einsatz in Deutschland braucht es aber wahrscheinlich eine größere Standardisierung der Konditionen und ein Umdenken in den Köpfen der Menschen in Sachen Eigentum."
Durch eine solche Standardisierung könnte die Relevanz des Erbbaurechts künftig weiter steigen und einen wichtigen Beitrag zur Entspannung des angespannten Wohnungsmarkts leisten.
Die Studie zum Download sowie die Pressemitteilung finden Sie auf der Website der Berlin Hyp AG. Eine Zusammenstellung der KeyFacts haben wie hier für Sie.
Ansprechpartner: André Adami, Bereichsleiter Wohnen, andre.adami@bulwiengesa.de und Margo Lange, Consultant, margo.lange@bulwiengesa.de
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