„Ohne Humor würde ich das Ganze wohl nicht machen können“, schildere ich Freunden mein berufliches Wirken in den letzten Jahren, wenn sie mich nach meiner Arbeit fragen. Da war ich aber schon „groß und erfolgreich“. Als ich zu Beginn als Berufsanfänger „klein und unbedeutend“ war, und im Sommer 1986 meine zwei Monate Praktikum bei Hartmut Bulwien und Gertrud Schinzler im MÜNCHENER INSTITUT FÜR MARKT-, REGIONAL- UND WIRTSCHAFTSFORSCHUNG machte, sah das freilich noch ganz anders aus. Damals machte ich mir innerlich heftige moralische Vorwürfe, dass ich Geld in einem Unternehmen verdiente, das marktübliche Immobilienmieten für eine Stadt XY, die nie einer aus dem kleinen Büro gesehen hatte, einfach am Schreibtisch festlegt. Das hatte ich auf der Uni anders eingeimpft bekommen. Merkwürdig erschien mir auch, dass man ein Mini-Unternehmen immer mit einem derart langen Titel und in Großbuchstaben schreiben musste. Immer!
Verbindungen nach Hamburg
Was mir aber gut gefiel damals, waren die Verbindungen nach Hamburg. Dort wohnten Herr Iversen (der sich am Telefon immer mit einem ganz lang gezogenen „Iiiiiiversen“ meldete) und Herr Munke, die immer mal wieder quasi unter Kollegen gefragt wurden, wie sie bestimmte Themen beurteilen und ob sie zu Standort XY nicht vielleicht ein paar konkrete Marktzahlen hätten. Herr Iversen gehörte zu g.e.s.a. und Herr Munke zu Müller Consult. Dahinter standen Makler, was mir einigen Respekt für die zwangsläufig hohe Kompetenz abverlangte. Wir dagegen waren nur einfache Geografen.
Das originäre Geschäftsmodell von bulwiengesa
Warum kann ich das originäre Geschäftsmodell von bulwiengesa nach diesen 37 Jahren vom Praktikanten zum Vorstand, zum Generalbevollmächtigten und einem guten Abschluss Ende 2023 nur mit Humor in meinem Kopf sortieren? Das könnte irritieren und an meinem ernsthaften Engagement zweifeln lassen. Vielleicht wäre „Abstand“ auch das treffendere Wort. Aber die Gewissenkonflikte, die gleich zu Beginn da waren und auch die Konflikte mit Kolleginnen und Kollegen oder auch mit Wettbewerbern, Wichtigtuern oder Kunden im Verlauf des Unternehmenswachstums sollte man nicht einfach wegwischen. Das macht einen auch fertig im Arbeitsalltag. Ralf Koschny sagt so nett zu diesem Problem: „Dafür wirst Du bezahlt“. Überhaupt kann man an solch einem liebevoll vorgetragenen Spruch auch das Positive erkennen, das mit Konflikten und Selbstbehauptung einhergehen kann: Erfolg. Und der Erfolg von bulwiengesa wurzelt offensichtlich in der Autorität und der hohen Anerkennung, die unsere Zahlen und Beurteilungen von Zusammenhängen auf dem Immobilienmarkt über die Jahre hinweg gewonnen haben. Durchgesetzt gegen konkurrierende Data Provider oder anderslautende Beurteilungen.
An dieser Stelle setzte dann in den vergangenen 20 Jahren Stück für Stück mein Humor ein. Denn wer entscheidet am Ende, ob unsere Beurteilungen und Sichtweisen richtig sind? Haben wir wirklich genug Daten, um uns gegen den (zum Glück nicht sehr häufigen) Vorwurf von „bloßen Behauptungen“ zu erwehren? Der Humor ergibt sich aus dem Umgang mit dem grotesk wertvollen Gut der Immobilien und der Frage, ob wir wirklich genug wissen. 12 Billionen Euro sind alle deutschen Immobilien wert – sind sie das wirklich wert? ;-)
Wenn wir derartigen Fragen weiter und fundierter auf den Grund gehen und nicht in Scheindebatten und Erbsenzählerei abgleiten, kann das Unternehmen sicher noch in viel größere Schuhe wachsen – mit Humor, Gelassenheit und notwendiger Konfliktbereitschaft.