Von wegen staubig

Als ausgebildeter Archivar bzw. Dokumentar bin ich seit 1993 dabei. Hartmut Bulwien war auf der Suche nach einer Fachkraft für die Verwaltung der Archivbestände und für den Aufbau eines Dateninformationssystems, was dann im Laufe der folgenden Jahre zu dem wohl gefragtesten Informationspool in der Immobilienbranche geworden ist, nämlich RIWIS.

Die Archiv- und Dokumentenbestände waren damals noch überschaubar, aber sie brauchten eine Struktur, um sie leichter und schneller auffinden und mit ihnen effektiv arbeiten zu können, das heißt, auch die gutachterliche Tätigkeit zu vereinfachen. Zuständig war ich aber auch für den Aufbau und die Pflege von Kontakten zu den verschiedenen Informationsdienststellen, die für uns bis heute wichtig sind, insbesondere den statistischen Landesämtern.

Ich erinnere mich noch allzu gut, dass wir an meinem zweiten Arbeitstag, damals noch in kleiner Runde mit gerade einmal zehn Personen, lebhafte Diskussionen über die zukünftige Struktur der Archivbestände führten: Sachgebietsarchiv oder Regionalarchiv? Oder doch beides? Letzteres ist bis heute die gängige Praxis.

Schnell füllten sich in den neuen Räumlichkeiten dank der guten Auftragslage die Regale mit Ordnern und Stehsammlern, sodass Herr Bulwien persönlich schon nach gerade einmal drei Jahren ans Werk gehen musste, diese wieder in Teilen auszumisten. Damals wurde (fast) der gesamte Dokumentenbestand noch in Papierform abgelegt. Die digitalen Speichermöglichkeiten beschränkten sich noch auf 3,5-Zoll Disketten, später wurden diese von Floppy-Disks und von CDs abgelöst.

Ordner und Stehsammler zu füllen und sie zu beschriften war das eine, Daten anzufragen per Telefon oder per Fax das andere. Zusätzlich wurde ich noch in die Unterstützung von Gutachtentätigkeiten mit eingebunden. Diese wurden überwiegend ausgedruckt und als Printprodukt an die Kunden verschickt. Die Erstellung erforderte ein gewisses handwerkliches Geschick, mussten doch Zahlen aus der Bevölkerungs- und Bautätigkeitsstatistik händisch in eine Tabelle eingetippt werden, und Karten mit Punkten oder Pfeilen für die Markierung von Makro- und Mikrostandort sowie des Wettbewerbsumfeldes beklebt und anschließend zur Vergrößerung oder ggf. Verkleinerung in den Kopierladen gebracht werden. Gestanzt und gebunden ging es dann an den Kunden.

Die nächste Herausforderung stand bereits Mitte der 1990er-Jahre an: nämlich der Aufbau einer Datenbank zur Verwaltung von Objekt-, Projekt- sowie Planungsdaten. Diese Datenbank ist bis heute einer der größten Schätze der bulwiengesa geblieben und trägt den bescheidenen Namen „Objektdatenbank“. Sie diente anfangs schwerpunktmäßig der Unterstützung bei der Erstellung von Büroprojektlisten für die A-Städte sowie der Wettbewerbslisten der Gutachten, heute ist sie zu einem wichtigen Verkaufsprodukt geworden.

Das Internet machte aufwendige Zeitungs- und Dokumentenrecherchen nun fast überflüssig und beschleunigte auch meine Arbeitsprozesse im Archivbereich. Die statistischen Landesämter lieferten ihre Daten nun nicht mehr per Papier, sondern üblicherweise als Excel-Dateien, was die Weiterverarbeitung wesentlich erleichterte. Seit 2002 haben wir ein Online-Archiv. Nichtsdestotrotz sollte die hybride Form der Archivierung das Unternehmen noch über viele Jahre begleiten.

Das Regionale Immobilienwirtschaftliche Informationssystem, kurz RIWIS, revolutionierte ebenfalls die Arbeitsabläufe und hob das Geschäft der bulwiengesa AG auf ein neues Niveau. Punkte auf Karten kleben und Zahlenreihen abtippen war nicht mehr notwendig. Längst ist bulwiengesa ohne RIWIS nicht mehr vorstellbar.

Nächster Quantensprung: 2004. Mit der Fusionierung mit der Hamburger gesa GmbH wuchsen auch für das Archiv und die Dokumentation die Aufgaben. Es mussten Strukturen und Ablagesysteme gefunden werden, um die unterschiedlichen Dokumentstrukturen und Ablagesysteme der beiden Unternehmen in Einklang zu bringen, was bis heute sicher nur bedingt gelungen ist. Zumindest aber ist diesbezüglich ein modus vivendi erreicht, der für das fusionierte Unternehmen tragbar und auch effizient ist.

Die Folgejahre ab den 2010er-Jahren waren geprägt von weiteren Digitalisierungsschritten wie etwa dem kompletten Einscannen aller Gutachtenbestände der verschiedenen Büros, aber auch dem Abschied von nicht mehr benötigtem Papier. Das hinterlässt bei mir ein wenig Wehmut und Trauer, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit mit der Gutachtenerstellung und der anschließenden Archivierung oft verbunden waren.

So bleibt für mich festzustellen, dass dreißig Jahre bulwiengesa AG von dynamischen, spannenden, manchmal auch ein wenig anstrengenden Prozessen und Phasen begleitet waren. Mit Genugtuung und ein wenig Stolz darf ich festhalten: Wir haben ein Archiv, eine Dokumentation, die sich sehen lassen kann, die funktioniert, und die so mancher in anderen Unternehmen vielleicht mit Neid beäugt.