Die meisten Senioren möchten auch nach einem Umzug ihren Nachmittagskaffee in der gewohnten Umgebung einnehmen.

Seniorenimmobilien – der ideale Standort


Wohnen
10.10.2023 Autor/en: Dr. Heike Piasecki

Für Seniorenimmobilien gilt ganz besonders: Auf den Standort kommt es an. Die Akzeptanz bei Bewohnern steht und fällt mit der Lage eines Neubaus. Was ist bei der Standortwahl zu beachten?

In einem Interview für die Zeitschrift Care Invest (Ausgabe Nr. 19/2023) hat Dr. Heike Piasecki, Bereichsleiterin Wohnimmobilien und Niederlassungsleiterin München bei bulwiengesa, Auskunft gegeben zu Standortkriterien für Projektentwicklungen von Seniorenimmobilien. Hier ein Auszug aus dem Interview, das Darren Klingbeil gemeinsam mit uns und HBB geführt hat.

 

Was muss der ideale Standort für ein Pflegeheim mitbringen?

Wir beurteilen einen Mikrostandort immer aus drei Perspektiven: Bewohner, Angehörige und Besucher sowie Mitarbeiter. Für die Bewohnerinnen und Bewohner und auch deren Angehörige ist es wichtig, dass das Umfeld seniorengerecht ist. Das bedeutet: Einbettung in eine möglichst urbane Struktur mit dem fußläufig erreichbaren Angebot von Grünflächen, Infrastruktur und Verkehrsanbindungen im ÖPNV. Es wird auch darauf geachtet, welche Querungshilfen an Straßen, Stichwort abgesenkte Bordsteine oder Ampelanlagen, vorhanden sind. Für die Angehörigen, aber vor allem auch für die Mitarbeitenden ist die Erreichbarkeit mit dem motorisierten Individualverkehr, aber auch mit dem ÖPNV ein wichtiges Standortkriterium.

Gibt es Ausschlusskriterien?

Lassen Sie mich den Begriff Standort unterteilen: in Mikrostandort, das direkte Umfeld des Projektgrundstückes, und Makrostandort, die Stadt oder der Stadtteil, in dem das Pflegeheim errichtet werden soll. Einem Investor raten wir vom Mikrostandort ab, wenn beispielsweise die Immissionsbelastung dort als sehr hoch eingestuft wird. Das kann durch Lärm, aber auch durch permanente Gerüche der Fall sein. Auch unzureichende Verkehrsanbindung ist ein negatives Kriterium. Ein Makrostandort kann für die Errichtung eines Pflegeheims nicht geeignet sein, wenn sowohl durch die Nachfrageseite, aber auch durch ein sehr hohes Wettbewerbsangebot das Nachfragepotenzial als nicht nachhaltig eingestuft wird.

Zu welchem Zeitpunkt in der Wahl eines Standortes steuert bulwiengesa Daten bei?

Wir bringen unsere Beratungsleistungen in den meisten Fällen im Rahmen der Ankaufsprüfungen ein. Die Begutachtungen umfassen mehrere Bereiche: In der Analyse des Makrostandortes werden charakteristische Indikatoren der Stadt beurteilt. Dazu gehört die Einwertung der Verkehrssituation, die Infrastruktur, der Arbeitsmarkt sowie das Image.

In der Behandlung der Betrachtungsebene Nachfrage werden im definierten Untersuchungsgebiet vor allem soziodemografische Daten wie die Einwohnerentwicklung, die Altersstruktur der Personen über 65 Jahre, die Pflegestatistik oder die Einkommensentwicklung herausgearbeitet. Wichtig ist hierbei, dass immer der Blickwinkel auch auf die Prognose der Werte gerichtet wird, denn es geht ja um langfristige Immobilieninvestments.

In der Angebotsbetrachtung beurteilen wir den Wettbewerb: Wie ist er baulich strukturiert? Welche Lagekriterien weist er auf? Wie sind die Kosten- und Auslastungsstrukturen und wer sind die Betreiber?

Schließlich werden in der Bedarfsberechnung die Erkenntnisse aus der Nachfrage- und der Angebotsanalyse zusammengeführt und das künftige Nachfragepotenzial für die geplante Einrichtung abgeleitet.

In einer aktuellen Analyse prognostiziert bulwiengesa einen Bedarf von 372.000 Plätzen in der vollstationären Pflege bis zum Jahr 2040. Wie kommen Sie auf diese Zahl?

Der erhebliche demografiebedingte Bedarf ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Prognose der stationär Pflegebedürftigen, der durch den starken Anstieg der künftigen Senioren der Babyboomer-Generation getragen wird und dem Angebot, dem eine Fortschreibung der aktuellen Bautätigkeit in der stationären Pflege unterstellt wird. Zu beachten ist hierbei, dass diese Vorausberechnungen unter Einschränkungen leiden, da die zentralen Bestimmungsfaktoren weitestgehend vereinfachend konstant gehalten wurden. Allein durch definitorische Änderungen des Gesetzgebers kann sich die Zahl der Pflegebedürftigen ändern. Unberücksichtigt bei den gesamten Berechnungen bleibt die Problematik der notwendigen Pflegekräfte, um diese Einrichtungen zu betreiben.

Wie schätzen Sie in Anbetracht von explodierenden Kosten, Lieferengpässen und globalen Krisen die Chancen ein, dass diese Bedarfslücke geschlossen werden kann?

Negativ. Schon ohne die genannten aktuellen Krisenelemente zeigt die Auswertung der Planungs- und Bautätigkeit der vergangenen zwei bis drei Jahre, dass die Bedarfslücke mit dem vorhandenen Tempo nicht zu schließen ist. Neben den Themen Grundstücksverfügbarkeit und Finanzierung wirken die zunehmenden gesetzlichen Regulatoriken sowie die föderalistischen Strukturen und Gesetzgebungen nicht bauförderlich.

 

Ansprechpartnerin: Dr. Heike Piasecki, Bereisleiterin Wohnen und Niederlassungsleiterin München bei bulwiengesa, piasecki@bulwiengesa.de

Hinweis: Unsere RIWIS-Datenbank bietet neue und umfangreiche Daten für Seniorenimmobilien. Sprechen Sie uns auf unsere speziellen Angebote an.

Das könnte Sie auch interessieren

Für unser Magazin haben wir relevante Themen, häufig auf Basis unserer Studien, Analysen und Projekte, zusammengefasst und leserfreundlich aufbereitet. So ist ein schneller Überblick über Aktuelles aus der Immobilienbranche garantiert.

Fünf Prozent Rendite selbst für Core-Immobilien nicht mehr illusorisch

Die „5 % Studie – wo investieren sich noch lohnt“ feiert Zehnjähriges. Seit der Erstausgabe hat der deutsche Immobilienmarkt seinen Ruf als sicherer Anlage-Hafen ramponiert. Höhere Renditen sind nun selbst für Top-Immobilien in Sichtweite, sogar Wohnimmobilien sind zunehmend wieder eine rentierliche Anlageklasse. Der Markt ist so spannend wie lange nicht mehr
>

Kurzstudie zur Nachverdichtung im Wohnungsbestand

Zwischen Ärger mit Bewohnern und Chancen auf neue Wohnungen bietet das Thema Nachverdichtung reichlich Diskussionsstoff. In einer Studie für die Berlin Hyp haben wir uns das Potenzial bei den Siedlungen der 1950er- und 60er-Jahre angesehen: Das theoretische Nachverdichtungspotenzial beträgt 625.000 Wohnungen
>

Hotelmarktvolumen dank Neubauten stabil

Erneut haben wir mit Union Investment das Marktvolumen der für institutionelle Investoren relevanten Hotels berechnet: Dieses ist 2023 minimal angestiegen – trotz Wertrückgangs der Bestandsobjekte. Dafür sorgten rund 13.000 neue Hotelzimmer
>

Interessante Publikationen

Hier finden Sie Studien und Analysen, die wir teilweise im Kundenauftrag erstellt haben oder in Eigenregie auf Basis unserer Daten und Martexpertise. Viele können Sie kostenfrei hier herunterladen und lesen.

9. Marktreport der Initiative Micro-Living

Für den aktuellen Marktbericht wurden bundesweit insgesamt rd. 26.700 Wohneinheiten in 123 Apartmentprojekten ausgewertet.
>

Die 5 %-Studie 2024 – wo investieren sich noch lohnt

bulwiengesa hat zum zehnten Mal die Renditepotenziale der deutschen Immobilienmärkte analysiert.
>

BF.Quartalsbarometer Q3/2024

Leichte Erholung des Neugeschäfts hilft Barometer
>