Discounter im Wettstreit: Aldi versus Lidl


Einzelhandel
01.12.2021 Autor/en: Dr. Joseph Frechen

Der eine wächst sehr stark, der andere profitiert vordergründig kaum von den Umsatzanstiegen der Discounter während der Corona-Zeit. Warum? Das haben wir im aktuellen Retail Real Estate Report für die Hahn Gruppe herausgearbeitet.

Im 16. Report hat bulwiengesa erneut die Branchen des Lebensmittel- und Non-Food-Einzelhandels analysiert sowie die Chancen und Herausforderungen betrachtet.

Lidl und Aldi, traditionell scharfe Wettbewerber, haben sich im Corona-Jahr 2020 sehr unterschiedlich entwickelt. Bei Lidl ist die Flächenproduktivität deutlich angestiegen, der Umsatz über neun Prozent gewachsen. Und Aldi? Der Discounter konzentrierte sich überwiegend auf die Eröffnung neuer Filialen und Erweiterung der Filialflächen. 

Lidl, mit 11.550 Filialen (Aldi: 11.235) in 28 Ländern vertreten, hat 2020 die Anzahl der Standorte sowie die durchschnittliche Verkaufsfläche je Filiale nur marginal erhöht. Deshalb wurde ein deutlicher Anstieg der Flächenproduktivität um 7,5 Prozent auf 9.570 Euro pro Quadratmeter Verkaufsfläche gegenüber dem Vorjahr erzielt. Dieses Ergebnis kann auch als Resultat der von Lidl während des Lockdowns im ersten Halbjahr 2020 umgesetzten Philosophie gewertet werden, sich weniger auf die Expansion, als vielmehr auf die kontinuierliche Warenversorgung zu konzentrieren. Für das laufende Jahr hatte Lidl hingegen eine Rückkehr zur expansiven Filialpolitik geplant. Es wurden und werden wieder deutlich mehr Märkte eröffnet sowie mit der Modernisierung bestehender Märkte einhergehende Flächenerweiterungen vorgenommen. Dabei könnte Lidl auch davon profitieren, dass die Chancen gestiegen sind, gute Standorte in Innenstadtlagen anzumieten. Im Zuge der Corona-Pandemie werden vereinzelt geeignete Flächen frei, die aufgrund eines attraktiven Mietniveaus auch für Discounter vielversprechende Perspektiven bieten. Die durchschnittliche Filialgröße liegt aktuell bei 917 qm, bei Neuentwicklungen werden Märkte mit einer Verkaufsflächengröße von 1.200 bis 1.400 qm gesucht.

Auch Aldi Süd möchte speziell in den attraktiven Metropolen die Zahl der Standorte erhöhen. Hierzu wurden die Expansionsstrukturen neu aufgestellt. So wurden u. a. Projektteams in verschiedenen Großstädten gebildet, um den Kontakt mit Investoren, Projektentwicklern und Kommunen zu intensivieren. Bereits umgesetzt wurde die Kooperation mit Galeria (vormals Galeria Karstadt Kaufhof). Daraus gingen acht neue Aldi-Filialen in Warenhäusern hervor. Gleichzeitig nimmt Aldi Süd Maßnahmen zur Kostensenkung vor und löst dazu weitere vier Regionalgesellschaften auf. 

Hinsichtlich der Filial- und Flächenentwicklung zeigte sich ein leicht abweichendes Bild zwischen Aldi Süd und Nord. Aldi Süd eröffnete 2020 bereits 21 neue Märkte, Aldi Nord keine. Die durchschnittliche Filialgröße von Aldi Nord ist auf 922 qm Verkaufsfläche gestiegen, die von Aldi Süd auf 1.010 qm Verkaufsfläche. Beide haben damit deutlich die Schwelle zur „Großflächigkeit“ (800 qm Verkaufsfläche) überschritten. Aldi Süd eröffnete zudem in Mülheim/Ruhr mit 2.000 qm Verkaufsfläche seinen weltweit größten Discountmarkt, Aldi Nord in Hamburg eine Filiale mit 1.700 qm Verkaufsfläche als bislang größten Markt. Aldi tritt damit den Beweis an, auch Großflächen betreiben zu wollen bzw. zu können.

Insgesamt partizipierte der Lebensmitteldiscounter Aldi im vergangenen Jahr nicht in gewohntem Maße an der Wachstumsdynamik des Discountsegments, sondern blieb mit einem Umsatzzuwachs von 5,3 Prozent von Aldi Süd bzw. 5,5 Prozent von Aldi Nord hinter dem Gesamtumsatzwachstum des Betriebstyps Discounter (6,5 Prozent) zurück. 

Discounter erhöhen Online-Aktivitäten

Aufgrund der Erfahrungen in der Corona-Pandemie stellt Aldi auch seine Online-Aktivitäten neu auf. Hierzu haben Aldi Süd und Nord eine gemeinsame operative Gesellschaft gegründet, um einen einheitlichen Online-Shop („Aldi liefert“) ohne regionale Differenzierung zu unterhalten. Zielsetzung ist es, nicht nur das Non-Food-Angebot besser aufzustellen, sondern künftig auch Food-Artikel aufzunehmen. Letzteres wird jedoch für Lebensmitteldiscounter mit ihren niedrigpreisigen Artikeln hinsichtlich der Profitabilität als große Herausforderung eingestuft.

Lidl treibt mit der bereits im Jahr 2019 angekündigten Loyality-App „Lidl Plus“, die in der zweiten Jahreshälfte 2020 startete, das Mobile Payment voran. Inzwischen kann die App, die anfangs nur in Berlin und Brandenburg verfügbar war, bundesweit eingesetzt werden. Für den Kunden resultieren aus dem Einsatz der App neben der elektronischen Bezahlung weitere Vorteile wie spezielle Bonusprogramme, digitale Kassenbons, Rabatte bei Werbepartnern etc.

 

Hinweis: Der 16. Retail Real Estate Report kann auf der Website der Hahn AG heruntergeladen werden.

Ansprechpartner: 
Dr. Joseph Frechen
Bereichsleiter Einzelhandel
frechen@bulwiengesa.de

 

You might also be interested in

For our magazine, we have summarized relevant topics, often based on our studies, analyses and projects, and prepared them in a reader-friendly way. This guarantees a quick overview of the latest news from the real estate industry.

Retailers need to rethink - but in which direction?

The Hahn Group's new ‘Retail Real Estate Report’ has been published - a classic for anyone involved in retail property. We have been working on it since 2018 and have once again presented the most important retail sectors, economic developments and forecasts as well as trends
>

Five per cent returns no longer illusory even for core properties

The ‘5% study - where investing is still worthwhile’ celebrates its tenth anniversary. Since the first edition was published, the German property market has tarnished its reputation as a safe investment haven. Higher yields are now within sight, even for prime properties, and even residential property is increasingly becoming a profitable asset class again. The market is more exciting than it has been for a long time
>

Shopping centres: What do customers think?

In the Corona years, many centre owners had to look after their tenants first and foremost. Now, at last, shoppers are flocking in again. Especially now, customer response analyses make sense because many things are in a state of upheaval. Here are some survey results
>

Interesting publications

Here you will find studies and analyses, some of which we have prepared on behalf of customers or on our own initiative based on our data and market expertise. You can download and read many of them free of charge here.

The 5 % Study 2024 - where it still pays off to invest

bulwiengesa has analysed the yield potential of the German real estate markets for the tenth time.
>

Highstreet Report

The Highstreet Report 2023 for CT Real Estate Partners once again sheds light on the occupancy structures of 141 German high streets.
>

Clone of Highstreet Report

The Highstreet Report 2023 for CT Real Estate Partners once again sheds light on the occupancy structures of 141 German high streets.
>